Timo Bracht, einer erfolgreichsten Triathleten auf der Langdistanz beendet 2017 seine aktive Laufbahn. Kurz vor seinem letzten Start beim Challenge Roth unterhielten wir uns mit dem Eberbacher.
In Roth bestreitest Du Deine letzte Langdistanz als Profitriathlet. Mit welcher Vorfreude nimmst Du dieses Rennen auf?
Mit großer Vorfreude, aber auch mit sehr großer Anspannung. Ich bin sehr fokussiert und konzentriert. Ich habe noch großes Lust und ein großes Verlangen, ein richtig gutes Rennen zu machen. Deshalb steht der Genussfaktor erstmal hinten an. Auch wenn ich niemandem mehr etwas beweisen muss, so bin ich es doch selbst, der es noch einmal wissen möchte. Noch einmal im Sommer bei einem großen Rennen auf der Langdistanz die monatelange Vorbereitung an einem Tag rauszulassen. Das treibt mich seit fast zwanzig Jahren an und ist dieses Jahr so präsent wie in allen Jahren zuvor. Ein schönes Gefühl mit dem Nebeneffekt einer großen Anspannung anstatt Vorfreude.
Und wie viel Wehmut lastet dabei auf Deinen Schultern?
Also einen leichten Schmerz empfinde ich im Moment nicht bei der Erinnerung an etwas Vergangenes. Da bin ich zu sehr im Tunnel und im Hier und Jetzt. Diese Momente kamen aber während meiner Karriere immer mal wieder auf, weil du als Sportler genau weißt, es kann auch sehr schnell zu Ende sein.
Welches zum Beispiel?
Ein einschneidendes Erlebnis war im Sommer 2014, als ich auf dem Frankfurter Römerberg den Zieleinlauf von Sebastian Kienle live miterlebt habe. In dem Moment hat mich ein unglaubliches Gefühl übermannt. Ich musste weinen und mich hinsetzten, weil ich dachte, dass ich diesen Moment auch schon zweimal erleben durfte und vielleicht so etwas nie mehr passieren wird. Erst da wurden mir meine Siege aus den Jahren 2007 und 2009 in Frankfurt nochmal so richtig bewusst. Und genau eine Woche später konnte ich dann als Erster in Roth in den Zielkanal einbiegen. Ich hatte meine Befürchtungen Lügen gestraft und konnte umso mehr diese großartigen und einmaligen Momente des Triumphs genießen.
Steht bei Dir am 09.07. der unbedingte Siegeswille im Vordergrund oder vielleicht dann doch – tief im Unterbewusstsein – das intensive Aufsaugen Deiner „letzten“ 226 Kilometer mit allen Sinnen?
Eine so harte und aufopferungsvolle monatelange Vorbereitung ist nur mit dem Ziel des „unbedingten Siegeswillen“ machbar. Dies hat mich dieses Jahr angetrieben, auch wenn ich weiß, dass ich mir es leichter hätte machen können. Aber es macht auch trotz aller Quälerei unheimlichen Spaß diese große sportliche Herausforderung erneut anzugehen.
Bestreitest Du auf Deiner Abschiedstour 2017 noch weitere Wettkämpfe?
Zwei Wochen nach Roth werde ich am 22. Juli beim Ladenburger Triathlon ein weiteres Rennen des Rhein Neckar Triathlon Cups in meiner Heimat bestreiten. Da ist auch mein Heimatverein Soprema TSV Mannheim und auch jede Menge Staffeln „Timo Bracht Friends and Family“ am Start, und abends feiern wir dann eine schöne Party. Ende August steht noch der Klassiker in Viernheim an, eventuell noch der Ironman 70.3 Rügen und im September will ich nochmal 226 Kilometer irgendwo in Europa genießen, nur für mich.
Welche Erfahrungen möchtest Du nicht missen, die Du durch Dein Leben als Triathlonprofi erfahren durftest?
Sportlich war mein wichtigstes Erlebnis 2003, als ich den Ironman Frankreich gewinnen konnte, damals noch als Halbprofi. Im Ziel gratulierte mir Mark Allen und bestärkte mich, sagte mir ein großes Potenzial voraus und dass ich dranbleiben soll. Das war der eigentliche Beginn meiner Profi Karriere.
Geschäftlich, war es die überraschende Kündigung meines ersten großen Hauptsponsors am Ende der Saison 2006. Ich setzte alles auf eine Karte und stellte mich über Kontakte bei der Commerzbank vor. Ich konnte überzeugen und wir schmiedeten den Plan den Ironman Frankfurt zu gewinnen. Dies gelang dann auch promot 2007, und es entstand eine beispiellose Sponsoring-Zusammenarbeit.
Rückblickend betrachtet hatte ich immer diesen gewissen „jugendlichen Leichtsinn“ und bin drangeblieben. Ich habe mich nie verunsichern lassen und immer auf mein Bauchgefühl gehört. Ich hatte einen Traum, und bin mir dabei treu geblieben. Das Ganze hat auch viel mit Glück – die richtigen Menschen zur richtigen Zeit zu treffen, nicht zu verunfallen und vieles mehr – und Talent zu tun. Dessen war ich mir auch immer bewusst, das war aber gleichzeitig auch Antrieb und Verpflichtung für mich, daraus auch das Bestmögliche zu machen.
Auf was freust Du Dich nach Deiner letzten Saison als aktiver Profitriathlet am meisten?
Wie schon in den vergangenen Jahren auf eine schöne Wohnmobiltour durch die Alpen mit der Familie, jeden Tag woanders sein, sich treiben lassen, Orte und Landschaften entdecken, und diese in Ruhe genießen. Und dann werde ich im nächsten Jahr zusammen mit zwei Kollegen ein Sport und Leistungszentrum eröffnen, da laufen die Vorbereitungen auch schon auf Hochtouren.
Timo, wir wünschen Dir für Deinen letzten Start als Profi in Roth viel Erfolg. Wir werden Deinen weiteren Weg sicherlich weiter verfolgen.
Foto: Marc Sjoeberg
Timo Bracht, einer erfolgreichsten Triathleten auf der Langdistanz beendet 2017 seine aktive Laufbahn. Kurz vor seinem letzten Start beim Challenge Roth unterhielten wir uns mit dem Eberbacher.
In Roth bestreitest Du Deine letzte Langdistanz als Profitriathlet. Mit welcher Vorfreude nimmst Du dieses Rennen auf?
Mit großer Vorfreude, aber auch mit sehr großer Anspannung. Ich bin sehr fokussiert und konzentriert. Ich habe noch großes Lust und ein großes Verlangen, ein richtig gutes Rennen zu machen. Deshalb steht der Genussfaktor erstmal hinten an. Auch wenn ich niemandem mehr etwas beweisen muss, so bin ich es doch selbst, der es noch einmal wissen möchte. Noch einmal im Sommer bei einem großen Rennen auf der Langdistanz die monatelange Vorbereitung an einem Tag rauszulassen. Das treibt mich seit fast zwanzig Jahren an und ist dieses Jahr so präsent wie in allen Jahren zuvor. Ein schönes Gefühl mit dem Nebeneffekt einer großen Anspannung anstatt Vorfreude.
Und wie viel Wehmut lastet dabei auf Deinen Schultern?
Also einen leichten Schmerz empfinde ich im Moment nicht bei der Erinnerung an etwas Vergangenes. Da bin ich zu sehr im Tunnel und im Hier und Jetzt. Diese Momente kamen aber während meiner Karriere immer mal wieder auf, weil du als Sportler genau weißt, es kann auch sehr schnell zu Ende sein.
Welches zum Beispiel?
Ein einschneidendes Erlebnis war im Sommer 2014, als ich auf dem Frankfurter Römerberg den Zieleinlauf von Sebastian Kienle ...
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