Kurz vor ihrem vierten Start auf Hawaii blickt Anja Beranek auf zwei Rennabbrüche und einem vierten Platz zurück. In den vergangenen Monaten hat die 32-Jährige an vielen Stellschrauben Veränderungen vorgenommen.
Anja, im Fußball liegst Du im übertragenen Sinne im Spiel „gegen“ Kona 1:2 zurück. Zwei DNFs folgte im vergangenen Jahr ein vierter Platz. Fällt am Samstag der Ausgleich?
(lacht) Auf jeden Fall, das ist mal die oberste Priorität, da denke ich schon gar nicht mehr drüber nach. Natürlich gibt es auch Tage, die sehr zäh sind, aber die habe ich in dieser Saison hoffentlich alle schon verbraucht.
In Frankfurt hattest Du beispielsweise so einen …
In der Tat, da war das „nur Finishen“ bereits eine sehr große Herausforderung. Das Schwimmen war zwar noch in Ordnung, aber dann fing der gebrauchte Tag aber auch schon an. Um ehrlich zu sein war ich bereits auf der ersten Runde innerhalb der Frankfurter Stadtgrenzen bereits „schwarz“. Verwundert hatte es mich auch zu diesem frühen Rennzeitpunkt letztendlich nicht, weil im Vorfeld und im Training das Gefühl bereits nicht gepasst hatte. Im Rennen habe ich dann die Entscheidung getroffen, den Wettkampf zu finishen, um die Hawaii-Qualifikation zu bestätigen. Das Positive, das ich aus dieser Erfahrung mitgenommen habe, ist die Gewissheit, dass ich es schaffe, zumindest ins Ziel zu robben.
Wie bist Du mit diesem Ergebnis umgegangen?
Ein achter Platz bei den Profis kann nicht mein Anspruch sein, und auch meinen Sponsoren hätte ich sehr gerne eine andere Leistung gezeigt. Definitiv nagt solch ein unbefriedigendes Ergebnis, auch mit dem Wissen der Ursachen. Mental bin jedoch gestärkt aus diesem Wettkampf gegangen. Ich bin stolz, dass ich das geschafft habe, zumal ich in Frankfurt auf der Laufstrecke an so vielen Menschen vorbeilaufen musste, die an mich geglaubt und angefeuert haben, obwohl ich mich am liebsten im nächsten Busch versteckt hätte.
Bis Frankfurt war Deine Saison bereits durch einige Hochs und Tiefs geprägt. Kennst Du mittlerweile die Ursachen?
Das stimmt, gute und schlechte Rennen wechselten sich ab. Den Ausschlag gab – neben der ein oder anderen Erkältung – letztendlich meine Ernährung. Da ich mich eine Zeitlang mit Darmbakterien auseinandersetzen musste, habe ich – auch in Verbindung mit sehr viel Nüchterntraining – sehr wenig beziehungsweise fast keine Kohlenhydrate gegessen. Und auch nach der Darmerkrankung habe ich weiter auf Kohlenhydrate verzichtet. Und dieser Energiemangel hat mir letztendlich auch das Genick gebrochen. Mein ganzer Stoffwechsel war gestört, mein Gewicht ging nach oben, und wer kommt dann schon auf den Gedanken, dann Pasta und Co. zu essen, um wieder leistungsfähiger zu werden. Auch das war eine neue Erfahrung, aus der ich gelernt habe. Seitdem steht mir ein Ernährungsberater zur Seite, der meine Ernährung tagtäglich auf mein Training abstimmt, wodurch ich eine weitere Stufe der Professionalitätsleiter erreicht habe. Die richtige Ernährung wird in unserem Sport noch zu sehr unterschätzt. Insbesondere die Abstimmung der Energiezufuhr unter Berücksichtigung von Be- und Entlastung ist noch etwas, bei dem man sehr viel herausholen kann. Die Ernährung ist so individuell wie ein Fingerabdruck und da muss jeder seinen ganz persönlichen Weg finden. Was bei dem einen funktioniert, kann bei dem anderen bereits kontraproduktiv sein.
Wie hast Du – natürlich mit dieser Erkenntnis – nach Frankfurt Deinen Neuaufbau auf Kona gestaltet?
Während am Anfang der Fokus beim Laufen lag, stand zuletzt das Radfahren im Mittelpunkt. Die Unterschiede zu früher liegen eher im Detail, beispielsweise bei der Trainingsvorbereitung im Warm-up und mentalen Bereich, der Aerodynamik auf dem Zeitfahrrad und regelmäßigen Massagen, also alles eher kleinere Dinge, die gerne vergessen werden, letztendlich aber essentiell sind.
Du arbeitest seit Oktober letzten Jahres mit dem früheren DTU-Bundestrainer Dan Lorang zusammen, der auch für die Trainingspläne von Jan Frodeno Verantwortung zeichnet. Wie kam es dazu?
Die Auswahl an sehr guten deutschsprachigen Triathlon-Trainern ist ja nicht wirklich groß. Ich kann zwar englisch, aber die Unterschiede liegen häufig im Verständnis von Details, und da wollte ich einfach kein Risiko eingehen. Darüber hinaus war mir auch die menschliche Seite eminent wichtig, und auf diesem Gebiet eilt ihm ja ein guter Ruf voraus. Ich habe ihn dann ganz einfach angeschrieben und mich vorgestellt, aber (lacht) er kannte mich schon. Und ich hatte das große Glück, dass er noch genau einen Platz frei hatte.
Und was hat sich im Training seitdem verändert?
Früher hatte ich einen Rhythmus mit drei Tagen Belastung, gefolgt von einem freien Tag. Dan hingegen belastet mich konstanter, es gibt bei ihm einfach keine Ruhetage. Vor dem Hintergrund, dass er ausschließlich mit Profis zusammenarbeitet, ist seine Erwartungshaltung auch eine ganz andere. Der Beruf, also alles, was mit dem Training zu tun hat, steht an erster Stelle, danach kommt der Rest. Im Gegensatz zu früher zeichne ich jetzt auch all meine Trainings auf und stelle ihm diese Daten zur Verfügung.
Welche Momente vom letztjährigen Wettkampf hier auf Hawaii nimmst Du mit ins bevorstehende Rennen?
Ich glaube alle, schließlich habe ich nicht den dritten Platz verloren, sondern nach den beiden DNF’s den vierten Platz gewonnen. Natürlich war der beste Moment die Finish-Line, das muss ich ganz klar sagen. Jedoch erinnere ich mich auch ans Schwimmen, als ich in der ersten Gruppe das Tempo mithalten konnte, um im weiteren Verlauf auf dem Rad das Rennen eine Zeitlang gemeinsam mit Daniela mitgestalten zu können.
Das Podium kann also kommen …
Nach einem vierten Platz ist eine Top-3-Platzierung natürlich der nächst logische Schritt, allerdings formuliere ich das noch nicht als mein Ziel, es ist aber nach wie vor mein Traum. Die Form ist gut, ich muss mich nicht verstecken, aber ich bin jetzt auch keine, die das jetzt laut herausschreit. Abgesehen von Daniela Ryf sind da zehn bis fünfzehn Mädels im Rennen, die für viel Spannung sorgen werden. Und aufgrund dieser Leitungsdichte sind auf dem Podium auch nur noch zwei Plätze zu vergeben.
Dann hoffe ich, dass Du im Ziel vor Freude wieder ein Rad schlägst.
Interview: Klaus Arendt
Foto: Privat
Kurz vor ihrem vierten Start auf Hawaii blickt Anja Beranek auf zwei Rennabbrüche und einem vierten Platz zurück. In den vergangenen Monaten hat die 32-Jährige an vielen Stellschrauben Veränderungen vorgenommen.
Anja, im Fußball liegst Du im übertragenen Sinne im Spiel „gegen“ Kona 1:2 zurück. Zwei DNFs ...
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